Launch von EROSIONE: Küstenerosion auf Sizilien
21.11.2025
Multimedia-Projekt der CAU-Arbeitsgruppe Sozialgeographie der Küsten und Meere und des Center for Ocean and Society (KMS) eröffnet neue Perspektiven auf das Thema Küstenerosion
Die Küsten Siziliens zählen zu den dynamischsten Küstenzonen im Mittelmeerraum. Sie beherbergen ökologisch wertvolle Lebensräume und sind zugleich geprägt von Naturgefahren etwa durch den aktiven Vulkan Ätna. In den vergangenen Jahrzehnten haben intensive Bautätigkeit und städtebauliche Entwicklungen das ursprüngliche Landschaftsbild stark verändert und die Küsten erheblich belastet. Die Humangeographin Professorin Dr. Silja Klepp, Leiterin der Arbeitsgruppe Sozialgeographie der Küsten- und Meere an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), hat die Veränderungen entlang der sizilianischen Küsten über viele Jahre erforscht, insbesondere die Region rund um Messina. Dort prägt bis heute ein komplexes Zusammenspiel aus Naturprozessen, baulichen Eingriffen und politischen Entscheidungen die Umweltgeschichte der Insel.
EROSIONE: Wissenschaft trifft Kunst
Das Multimedia-Projekt EROSIONE, das gemeinsam mit dem Visualisierungslabor Cabu:ffatCeOS vom Center for Ocean and Society des CAU-Forschungsschwerpunktes Kiel Marine Science umgesetzt wurde, greift diese Veränderungen auf und macht die komplexen sozio-ökologischen Dynamiken von Küstenerosion in Sizilien auf eindrückliche, visuelle und interdisziplinäre Weise erfahrbar. „Mit EROSIONE wollen wir sichtbar machen, dass Küstenveränderungen und bauliche Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel nicht nur ein geophysikalisches, sondern auch ein soziales und politisches Phänomen sind“, erklärte Prof. Dr. Silja Klepp, Co Inhaberin des UNESCO Lehrstuhls für Integrierte Meereswissenschaften, anlässlich des Launches im Marine Science Campus am 20. November. „In Sizilien kann man an einigen Orten den sich selbst verstärkenden Kreislauf aus Beton und Erosion eindrucksvoll sehen und spüren.“ Sizilien steht dabei in erster Linie exemplarisch für die Umsetzung nicht nachhaltiger Küsteninfrastrukturen.
Das Projekt verknüpft wissenschaftliche Analysen, künstlerische Ausdrucksformen und dokumentarische Elemente zu einer vielschichtigen Erzählung über den fortwährenden „Notstand aus Erosion und Beton“ entlang der sizilianischen Küste. „Wir verbinden in unserem neuen Multimedia-Projekt aufwändige Visualisierungen, Filmaufnahmen, Interviews mit Stakeholdern vor Ort und Hintergrundinformationen zum Thema Küstenerosion,“ beschreibt Dr. Felix Gross vom Center for Ocean and Society die Herangehensweise. „Entstanden ist so ein interdisziplinäres Werk, dass sowohl in der Lehre als auch im öffentlichen Raum eingesetzt werden kann .“
Besuchen Sie hier das Multimedia-Projekt EROSIONE
Historische und politische Dynamiken
EROSIONE zeigt eindrücklich, wie historische und politische Prozesse die sizilianischen Küsten geprägt haben: von der Landflucht in den 1960er Jahren über den Bauboom der 1970er Jahre, Küstenschutzmaßnahmen bis hin zur touristischen Infrastruktur der Gegenwart. Mit dem Fortschreiten des Klimawandels verschärft sich die Situation weiter: Heftige Regenfälle, steigender Meeresspiegel und häufigere Überflutungen treffen auf Küsten, die durch den jahrzehntelangen Bauboom geschwächt sind. Dennoch bleibt die Bautätigkeit ungebrochen. Küstenschutzgesetze werden vielfach umgangen, etwa durch den Bau zahlreicher kleiner Jachthäfen in der Region Messina. Das Projekt versteht sich daher auch als Einladung, grundsätzlich über die Zukunft der Küsten neu nachzudenken, jenseits technischer Lösungen und ökonomischer Entwicklungsnarrative.
Podiumsdiskussion zu Wissenstransfer in komplexen Kontexten
Im Rahmen der Abendveranstaltung vertieft eine Podiumsdiskussion die im Projekt EROSIONE aufgezeigten Herausforderungen. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich komplexe sozio-ökologische Zusammenhänge, wie sie entlang der sizilianischen Küsten sichtbar werden, angemessen kommunizieren und in gesellschaftliche Entscheidungsprozesse einbringen lassen. Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft beleuchten dabei unterschiedliche Perspektiven. Gemeinsam eröffnet das Panel einen interdisziplinären Blick darauf, wie Wissenstransfer gelingen kann und welche Rolle er für zukunftsfähige Küstenregionen spielt.
Teilnehmende des Panels sind:
Julia Ahrend, Visuelle Wissenschaftskommunikation & Design Research, Muthesius Kunsthochschule Kiel und Kiel Science and Communication Network (KielSCN)
Salvatore Granata, Umweltaktivist, Legambiente Capo d’Orlando, Sizilien
Prof. Dr. Silja Klepp, Geographisches Institut, CAU, UNESCO Co-Chair for Integrated Marine Science, CAU/Kiel Marine Science
Dr. Felix Gross, cabu:ff am CeOS, CAU/Kiel Marine Science