Auftakt für das Forschungsprogramm FUTURO
16.12.2025
Westafrikanische und europäische Partner entwickeln langfristiges Forschungsprogramm mit einjähriger Beobachtungskampagne vor Westafrika
Vom 24. bis 26. November hat das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel gemeinsam mit Projektpartnerinnen und Partnern aus Westafrika und Europa, darunter auch Expertinnen und Experten der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) einen Co-Design-Workshop für das Forschungsvorhaben FUTURO (Future West African Marine Ecosystem) im senegalesischen Küstenort Saly veranstaltet. Die knapp 70 Teilnehmenden aus unterschiedlichen Sektoren, darunter 50 Teilnehmende aus sieben westafrikanischen Ländern und überregionalen Organisationen, entwickelten gemeinsam konkrete Forschungsthemen und Bausteine für FUTURO.
SALY Deklaration zu Meilensteinen der internationalen Zusammenarbeit verabschiedet
Ein zentrales Element von FUTURO ist eine internationale Forschungsexpedition, die ab 2029 den tropischen Atlantik vor Westafrika über ein Jahr hinweg untersuchen wird. Als Ergebnis wurde von allen Teilnehmenden die „Saly Declaration“ verabschiedet, die zur internationalen Zusammenarbeit aufruft und wichtige Schwerpunkte sowie konkrete Elemente des Programms definiert.
Die anhaltenden Veränderungen im Meeresökosystem vor Westafrika sind komplex und herausfordernd: Steigende Temperaturen, sinkende Sauerstoffgehalte, Versauerung sowie zunehmende Überfischung prägen eine Region, die für Hunderte Millionen Menschen die Lebensgrundlage darstellt. Das vom GEOMAR koordinierte internationale Forschungsprogramm FUTURO (Future West African Marine Ecosystems) nimmt diese Herausforderungen in den Blick und wird als eine der ersten identifizierten großen Aktivitäten ab 2029 den tropischen Atlantik mit einer groß angelegten einjährigen Schiffskampagne vor der westafrikanischen Küste untersuchen. Ziel ist es, eine wissenschaftliche Grundlage für den Schutz und die nachhaltige Nutzung des westafrikanischen Ökosystems zu schaffen – insbesondere vor dem Hintergrund des sich beschleunigenden Klimawandels und Fischereidrucks.
FUTURO setzt auf Co-Design
Vor der westafrikanischen Küste befindet sich ein außerordentlich produktives und artenreiches Ökosystem, das 200 Millionen Menschen mit Nahrung versorgt. Das Untersuchungsgebiet von FUTURO umfasst daher die Gewässer von Mauretanien im Norden bis Sierra Leone im Süden und erstreckt sich westlich bis nach Cabo Verde. Die geplante einjährige Forschungsexpedition zielt darauf ab, das Verständnis und die nachhaltige Bewirtschaftung des tropischen Auftriebsgebiets im Atlantischen Ozean vor Westafrika zu verbessern und dabei frühzeitig Akteure aus Politik, Gesellschaft und Wissenschaft einzubeziehen.
„Die Tagung im Senegal war ein wesentlicher Schritt, den Co-Design Prozess gemeinsam mit westafrikanischen Partnern zu entwickeln. Ziel war es, Themen mit gesellschaftlicher Relevanz zu identifizieren und erste Ideen zu formulieren, wie die Meeresforschung zur Lösung der Herausforderungen beitragen kann,“ sagt Dr. Christian Wagner-Ahlfs, Koordinator für transdisziplinäre Forschung von Kiel Marine Science (KMS) an der Universität Kiel und Co-Chair der Arbeitsgruppe Co-Design, die den FUTURO-Workshop im Senegal konzipiert hatte. In Saly hatte er gemeinsam mit Partnern vom ZMT in Bremen und der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) einen Session für ein gemeinsames Verständnis bezogen auf Co-Design geleitet.
Neben den groß angelegten Forschungsexpeditionen bildet die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Anspruchsgruppen vor Ort einen wichtigen Pfeiler im Forschungsprogramm FUTURO, das von Beginn an auf einen Co-Design-Ansatz setzt: Die Forschung wird gemeinsam mit den Menschen entwickelt, die vor Ort leben, arbeiten oder politisch Verantwortung tragen. Ein dreitägiger Workshop im senegalesischen Küstenort Saly hat in der letzten Woche Vertreterinnen und Vertreter zahlreicher Partnerorganisationen zusammengebracht. Unter anderem waren Forschende, politische Entscheidungsträgerinnen – und träger, Mitglieder zivilgesellschaftlicher Organisationen sowie Vertreterinnen und Vertreter aus der Privatwirtschaft vertreten. Knapp 70 Teilnehmende aus den sieben westafrikanischen Ländern Cabo Verde, Gambia, Guinea, Guinea-Bissau, Mauretanien, Senegal und Sierra Leone sowie Europa haben sich getroffen, um das FUTURO Forschungsprogramm gemeinsam zu entwickeln und zu konkretisieren.
Akteure aus Politik, Gesellschaft und Wissenschaft zusammenführen
FUTURO ist ein offiziell anerkanntes Projekt der Ozeandekade der Vereinten Nationen unter dem Dach des panafrikanischen Dekadenprogramms „SEAWARD Africa“. Das Dekadenprojekt FUTURO wird gemeinsam von der IOC-Subkommission (Intergovernmental Oceanographic Commission Sub-Commission) für Afrika und angrenzende Inselstaaten (IOC-AFRICA) und dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel geleitet. Es schließt die Meeresforschungsinstitute Instituto de Mar (IMar), Cabo Verde; Oceanographic Research Center of Dakar-Thiaroye (CRODT), Senegal; Institut Mauritanien de Recherches Océanographiques et des Pêches (IMROP), Mauretanien sowie das Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) aus Bremen ein.
Der Workshop wurde gemeinsam von GEOMAR, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und vom Forschungsschwerpunkt Kiel Marine Science (KMS) an der Christian-Albrechts-Universität Kiel (CAU) finanziert. „Co-Design bedeutet für das Projekt FUTURO, Forschungsfragen und -ansätze mit den betroffenen Menschen vor Ort als gleichberechtigten Partnern in einem interaktiven Prozess gemeinsam zu entwickeln, um Lösungen zu schaffen, die ihren tatsächlichen Bedürfnissen und lokalen Gegebenheiten entsprechen. Nur so entsteht Wissen, das auf breite Akzeptanz stößt und langfristig Wirkung entfaltet“, sagt Prof. Dr. Arne Körtzinger, Chemischer Ozeanograph am GEOMAR und wissenschaftlicher Koordinator von FUTURO.
Die „Saly Declaration“ als gemeinsames Signal
Zum Abschluss des Workshops verabschiedeten die Teilnehmenden die „Saly Declaration“ – ein starker Aufruf, sich an FUTURO zu beteiligen, die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft in Westafrika zu stärken und sie mit den notwendigen politischen und finanziellen Rahmenbedingungen zu unterstützen. „Mit der Saly Declaration übernehmen wir gemeinsam Verantwortung für das bedeutende Meeresökosystem vor Westafrika, einer der produktivsten Regionen im Ozean“, so Edwin Mwashinga, Program Officer bei IOC Africa.
FUTURO setzt weiterhin einen klaren Schwerpunkt auf die Ausbildung, Vernetzung und Stärkung einer neuen Generation von Ozeanexpertinnen und -experten, die zukünftig befähigt werden sollen, marine Ressourcen transdisziplinär und sektorübergreifend zu managen. Beim Co-Design Kick-off Meeting in Saly kamen Early-Career Ocean Professionals (ECOPs) zusammen, um ihre Vorstellungen für das Programm sowie ihre Bedürfnisse zu formulieren. Zu den wichtigsten Herausforderungen zählen die praxisnahe Kompetenzentwicklung, den Zugang zu professionellen Netzwerken, die aktive Beteiligung an der Blue Economy sowie der Ausbau der wissenschaftlichen Infrastruktur. Im Rahmen des Prozesses wurde zudem die Idee eines „Education and Learning Hub“ entwickelt, der von PD Dr. Avan Antia, Koordinatorin für Global Learning bei KMS, mit geleitet werden soll. In ihrer Rolle als Co-Lead des Education and Learning Hub sowie als Enabler beim ECOP-Event hat sie während des Saly-Workshops die Teilnehmenden dabei unterstützt, Ideen für einen „Action Plan on Education and Co-Learning“ zu entwickeln.
Wie geht es weiter?
Aktuell findet die Vorbereitungsphase der einjährigen Feldstudie statt. In den kommenden Monaten werden die Ergebnisse des Workshops in das Arbeitsprogramm sowie in die Entwicklung weiterer wissenschaftlicher Module von FUTURO einfließen. Parallel dazu arbeiten die Partnerinstitutionen unter anderem an Finanzierungsplänen und der Aufstellung von transdisziplinären Arbeitsgruppen. Die eigentliche einjährige Forschungsexpedition soll 2029 beginnen, gefolgt von einer Synthesephase, in der neue Erkenntnisse gemeinsam ausgewertet und in Handlungsempfehlungen überführt werden. Langfristiges Ziel ist die Etablierung von FUTURO als einem internationalen Programm mit starker afrikanischer Teilhabe.