(14.4.2021) Modellierung und Verständnis sozial-ökologischer Wissensvielfalt
Wenn Fischerei als sozial-ökologisches System beschrieben wird, dann nehmen die beteiligten Menschen dieses System auf sehr unterschiedliche Weise wahr. Das verdeutlichte die Befragung von 33 Stakeholdern der Dorschfischerei in der westlichen Ostsee unter Verwendung des Ansatzes mentaler Modelle. Diese stellen schematisch einen Ausschnitt einer individuellen gedanklichen Realität dar und ermöglichen es anderen Personen, die Sichtweise ihres Gegenübers auf ein Thema nachzuvollziehen. Das Modell ist hierbei ein System bestehend aus Komponenten und Beziehungen zwischen diesen Komponenten.
Die Auswertung der Sichtweisen auf die Dorschfischerei in der westlichen Ostsee ist nun im Journal Conservation Science and Practice erschienen. Die Autor*innen stellten starke Ähnlichkeiten im Verständnis des Ökosystems fest: Dorsch, Hering, Robben und Kormorane wurden als relevant für das System angesehen, aber auch abiotische Faktoren wie die Temperatur.
Zum Teil sehr unterschiedlich sind dagegen die Wahrnehmungen des sozialen Systems mit Komponenten wie Fischerei, Tourismus, EU-Politik oder Angelfischerei. Insgesamt wurde eine große Vielfalt an sozialen Komponenten beschrieben, aber auch eine hohe Variabilität der Messgrößen, die für jede Komponente vergeben wird, um die Dynamik des Systems darzustellen. In einigen Modellen wird die Fischerei zum Beispiel nur als eine Komponente definiert, während in anderen eine weitere Unterteilung in verschiedene Sektoren wie etwa der Stellnetzfischerei, Schleppnetzfischerei, Industriefischerei oder der Fischerei im Haupt- oder Nebenerwerb vorgenommen wird. Auch die Messgrößen, anhand derer die Stakeholder die Dynamik des Systems beschreiben, unterscheiden sich gerade im sozialen System zum Teil stark. Beispielsweise messen die befragten Stakeholder die Fischerei nach Umsatz, Anzahl der in der Fischerei tätigen Personen oder an der Anzahl der Fischer.
Die Studie zeigt, dass das Management mariner Ressourcen diese Vielfalt im Verständnis von sozial-ökologischen Systemen berücksichtigen muss, um eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen zu gewährleisten, so Heike Schwermer, Hauptautorin der Studie und Mitarbeiterin des Center for Ocean and Society.